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2020 UCI Mountain Bike Cross-Country World Championships presented by Mercedes-Benz in Albstadt - 20 Köpfe für 2020 (5): Thomas Wickles: Ein Praktikant und sein Traumjob

Das beste Damen-Team im Weltcup war 2019 eines mit Basis in Deutschland: Das Ghost Factory Racing Team hat seinen Sitz im bayrischen Waldsassen. Thomas Wickles ist der Mann, der die Geschicke der Equipe seit der Gründung 2010 lenkt und das mit großem Erfolg. Wie er quasi als Praktikant zu diesem „Traumjob“ kam, was er im reinen Frauen-Team seither gelernt hat, warum er bei Weltmeisterschaften erst mal arbeitslos ist, warum Albstadt, der Weltcup und die WM so wichtig sind und wie ein schwerer Unfall seine Einstellung zum Leben verändert hat, das erzählt er in der Serie 20 Köpfe für 2020.

Team-Manager sind im Cross-Country-Sport wichtige Figuren. Vereinfacht gesagt, sorgen sie für das Umfeld und das Setup, in dem ihre Athletinnen und Athleten Leistung bringen können. Manche in dieser Funktion sind Ex-Profis, andere haben als Trainer begonnen und wieder andere sind ursprünglich Marketing-Leute.

Thomas Wickles, wie sind Sie eigentlich zum Mountainbiker geworden?
Das ist eine ganz schlimme Geschichte (lacht). Ich hatte einfach für Sport mit Bällen kein Talent. Aber wie heißt es in dem Buch, das mir vor kurzem nahegelegt wurde: Talent is over rated.

Talent wird also überbewertet. Warum sind Sie dann zum Mountainbiker geworden? Und wie sah es da aus mit Ihrem Talent?
Nun, die Fränkischen Schweiz, wo ich herkomme, ist für Mountainbiken prädestiniert. Ich war 13 oder 14 als ich mein erstes Mountainbike bekommen habe. Es ging gerade los mit den voll gefederten Bikes. Das fand ich cool und musste ich haben. In der Folge wurde für mich schnell Wettkampfsport daraus. Aber es gab bei mir zuhause keine Struktur und niemand der Ahnung hatte.

Das heißt, Sie waren auf sich allein gestellt?
Ich habe alles selber ausprobiert. Ich habe es einige Jahre betrieben, um dabei festzustellen, wo meine Grenzen liegen.

Und wo waren sie denn, die Grenzen?
Nicht auf Weltcup-Niveau. Es war eher Amateur-Level oder bayrisches Niveau. Da war ich bei regionalen Serien vorne mit dabei und konnte auch gewinnen. Wenn ich damals gewusst hätte, was ich heute weiß,..nun, es gab aber niemand, der mir weiterhelfen konnte. Wir haben im Dorf dann selber einen Verein gegründet und Learning by Doing betrieben. Aber es war okay, meine Talente lagen eher im fahrtechnischen Bereich. Heute würde man darüber lachen, was wir gemacht haben.

Es war trotzdem offenbar der Einstieg in die Mountainbike-Welt.
Ja, das stimmt. Bei mir drehte sich alles um Räder. Ich habe neben der Schule her Geld verdient in einem Radladen. Nach dem Abi habe ich eine Lehre in einem Radladen gemacht und während des BWL-Studiums auch dort gearbeitet. Mein Praktikum für das Studium habe ich bei Ghost-Bikes gemacht. Ich kannte zu der Zeit zwar noch niemanden dort, aber das fand ich spannend.

So sind Sie also bei Ghost gelandet. Aber wie kam es dazu, dass Sie zum Team-Manager der Cross-Country-Equipe wurden?
Bei Ghost ging alles ganz schnell. Einer der beiden (damaligen) Chefs hat mich gefragt, ob ich meine Diplom-Arbeit über das Sport-Sponsoring, bzw. über das Sponsoring eines Teams schreiben will und das Team dabei selber leiten. Das habe ich dann gemacht. Meine Abschlussprüfung hatte ich 2011 zwischen den Weltcups in Dalby und Offenburg (lacht).

Das war ja ein Schnellstart hinein in den Profi-Sport.
Ich hatte keine großen Erfahrungen. Wenn Sie mir heute sagen würden, dass wir einen Praktikanten anstellen und ihm zum Beispiel die Leitung eines Downhill-Weltcup-Teams anvertrauen würde, dann würde man den Kopf schütteln. Aber damals waren alle in der Firma überzeugt.

Für die Marke Ghost selbst war es auch Neuland, selbst ein Team zu organisieren.
Vorher hatte man das Team von Sabine Spitz als Sponsor unterstützt. Aber man war nicht zufrieden und wollte es lieber selber machen. Das war der Anstoß. Und es war dann auch kein schlechtes Team, das da am Start war.

Im ersten Team Ghost Factory Racing fuhren 2011 neben der Weltup-Gesamtsiegerin von 2009, Lisi Osl aus Österreich, der amtierenden Europameisterin Katrin Leumann aus der Schweiz auch noch drei junge Deutsche. Die deutsche Vize-Meisterin Anja Gradl, die Junioren-Europameisterin von 2008, Mona Eiberweiser und mit Johanna Techt die Junioren-EM-Dritte von 2010. Alle Drei kamen aus Bayern. Eiberweiser und Techt mussten ihre Karrieren aus Verletzungsgründen aber früh beenden. Im Weltcup verbuchten Lisi Osl und Katrin Leumann mehrere Top-Ten-Ergebnisse, auf das fünfköpfige Weltcup-Podium reichte es im ersten Jahr allerdings nicht. Das kam erst nach und nach. 2013 standen dann mit Katrin Leumann (3.) und Alexandra Engen (5.) zwei Ghost-Damen in Albstadt gemeinsam auf dem Podium.

Es war kein Team der Unbekannten, das Sie da beim Startschuss als „Praktikant“ geleitet haben.
Das war schon ein namhaftes Setup. Die Lernkurve war am Anfang sehr steil. Pietermaritzburg (Südafrika) war mein allererster Weltcup und das erste Rennen, an dem alle zusammen waren. Das war schon hart, das aus dem Boden zu stampfen. Das war extrem viel Arbeit, aber ich wusste nicht, was mich erwartet. Deshalb hatte ich keine Angst. Heute hätte ich Angst, einfach, weil ich weiß, was da alles dazu gehört. Damals dachte ich: geil, das klingt nach einem Lebenstraum.

Haben Sie sich so einen Job tatsächlich gewünscht?
Ich habe vorher im Radladen mit Cannondale-Rädern gearbeitet und deshalb auch Daniel Hespeler (Team-Manager bei Cannondale Factory Racing) gekannt. Auch Benno Willeit von Specialized. So konnte ich auch hinter die Kulissen schauen. Ich dachte, puh, ja, das wäre ein Traum. Aber es gibt ja nicht so viele Leute, die so einen Job haben. Ich habe deshalb auch nicht viel drüber nachgedacht, aber das Schicksal wollte es so.

Sie haben BWL studiert und dann die Diplomarbeit über das Sportsponsoring mittels eines Mountainbike-Teams geschrieben. Sind Sie deshalb bei der Umsetzung auch wissenschaftlich vorgegangen?
Das Studium hat mit dem, was ich tu, wenig zu tun. Aber so ein Studium verändert die Denkweise, das Herangehen. Ich glaube, dass ich Aufgaben relativ strukturiert abarbeiten kann. Dafür hat mir das Studium geholfen.

Zum Beispiel?
(Lacht). Es gibt da so zwei, drei Sprüche. Probleme kann man erst lösen, wenn sie auftreten. Das bedeutet dann für mich, nicht nachdenken, was passieren könnte, sondern erst wenn es eintritt. Aber wenn ich gewusst hätte, was auf mich zukommt, dann hätte ich wohl eher ein paar Semester Pädagogik studiert. Klar muss ich kalkulieren, aber die Aufgabe ist vielfältiger, weitreichender.

Sie sprechen von Pädagogik. Ist es eine besondere Herausforderung als Mann ein reines Damen-Team zu leiten?
Das wichtigste ist die Zusammenstellung des Teams. Dann kommen im Alltag viel weniger Herausforderungen auf dich zu. In der Vergangenheit hat das nicht immer gepasst.

Im Sport geht es um Leistung, um Ergebnisse. Steht das bei der Team-Zusammenstellung im Vordergrund?
Bei der Entscheidung für oder gegen eine Athletin kommen ganz unterschiedliche Argumente zum Tragen. Woher kommt sie? Welches sportliche Niveau hat sie? Wie ist ihr Social-Media-Auftritt? Das Wichtigste aber ist, dass die Sportlerin ins Team passt, in dieses soziale Gefüge, weil die Athletinnen untereinander auch Konkurrentinnen sind. Ich glaube, dass das ein Schlüssel zum Erfolg ist. Da musste ich auch mal unpopuläre Entscheidungen fällen. Man muss sich auch trennen können, wenn es nicht passt.

Welche Rolle spielen Resultate?
Ich glaube, wir sind gut geworden die Geschichten drum herum zu erzählen und ohne siege das Maximum heraus zu holen. Es ist natürlich schön einen Eliminator-Weltcup zu gewinnen, aber wir werden am Cross-Country in der Elite gemessen. Aber auch ein U23-Weltmeistertitel macht vieles einfacher. Ich stelle mir jemand vor, der im Lotto gewonnen hat. Auf einmal hast du viele Freunde. Aber richtig wertvoll sind die Beziehungen, die vorher schon entstanden sind.

Ein Weltcupsieg ist aber doch sicher von großer Bedeutung.
Mit so einem Sieg kannst du nicht planen. Du musst dir überlegen, was kannst du erzählen, welche Geschichten sind interessant. Es dreht sich viel um Community, wir arbeiten zusammen, wir bringen einander vorwärts. Das ist allerdings nicht nur eine Story, sondern das, was wir leben. Gute Ergebnisse machen das einfacher und ein bisschen vorne mitfahren solltest du schon, damit die Geschichten glaubwürdig sind. Aber ob Erste, Zehnte oder 15., die Athletin hinter der Startnummer ist die gleiche. Es ist ja aktuell das Tolle am Frauenradsport. Wir haben 2019 im Weltcup vier verschiedene Siegerinnen und viele weitere potenzielle Siegerinnen.

Was die Bedeutung der Atmosphäre im Team angeht, war Ihnen das in den Anfangsjahren noch nicht so bewusst?
Da hätte ich das noch nicht so sagen können. Aber ich habe gelernt: jeder Einzelne verändert eine soziale Gruppe sehr stark. Wenn eine nicht passt – und solche Jahre gab es auch –, dann hatte ich keinen Spaß. Aber ich habe daraus gelernt und weiß jetzt wie wichtig das ist.

Das heißt im Umkehrschluss, dass die Atmosphäre im Team auch einen Einfluss auf die Ergebnisse hat?
Am Renntag hat es wenig Einfluss, würde ich sagen. Im Cross-Country können sich die Fahrerinnen gegenseitig sehr wenig helfen. Es gibt einzelne Charaktere, die werden in einem Team nie funktionieren, jedenfalls nicht bei uns. Das ist dann auch vollkommen okay. Manche sind vielleicht tatsächlich egozentrisch, aber es gibt auch Fahrerinnen, die lange alleine unterwegs sind und das Team nicht brauchen. Manche funktionieren aber in einer Gruppe besser. Die schauen bei ihren Teamkolleginnen: wie fährst du den Stein, hast du auch Bauchschmerzen und so weiter. Die Erfahrung zeigt, wenn der Drive gut ist, dann kommt eine Dynamik rein, alle haben Spaß und können sich gegenseitig weiterhelfen.

Ein Geben und Nehmen?
Wenn du dich den ganzen Tag im Zimmer einsperrst, dich nicht beteiligst und nur Nutzen draus ziehen willst, geht das nicht. Es wird natürlich auch eine Gegenleistung erwartet. Und das bezieht sich auf das gesamte Team. Der gesamte Betreuerstab wie zum Beispiel: Unser Mechaniker Uwe Kampe ist schon acht Jahre dabei genauso wie unser Physio Sebastian Knauff und auch unser Mädchen für Alles Andy Gilgen hat auch einen großen Anteil daran, dass alles so gut funktioniert. Das ist keine One-Man-Show und das ist auch der Schlüssel zum Erfolg.

Würden Sie sagen, ein reines Frauen-Team funktioniert anders?
Kann ich nicht sagen, ich habe ja noch nie mit männlichen Sportlern gearbeitet. Ich weiß aber, dass Frauen anders ticken als Männer. Frauen haben eine andere Herangehensweise. Ich würde mir nicht anmaßen zu sagen, ich habe die Frauen-Welt verstanden. Aber vielleicht so viel: es ist nicht schwieriger, sondern es sind andere Dinge wichtig. Physiologisch haben Frauen andere Voraussetzungen als Männer. Der weibliche Zyklus, das ist ein Thema, über das man auch ganz normal sprechen kann. Für 20-Jährige ist das nicht so einfach. Man muss die Bedenken zerstreuen und Vertrauen aufbauen.

Gibt es eine Hierarchie im Team?
Am Anfang wurde immer von einer Team-Leaderin gesprochen. Aber wofür braucht man das? Warum soll man eine hervorheben? Nein, das braucht es nicht. Alle haben die gleichen Voraussetzungen, alle die gleichen Möglichkeiten für sich das Beste draus zu machen.

Unabhängig von den nackten Ergebnissen?
Natürlich, ich würde lügen, wenn ich sagen würde, einen 37. Platz finde ich genauso toll wie ein Podiums-Ergebnis. Aber so ist es: die eine musst du trösten, die andere feiert. Deshalb ist es so toll, wenn du mit dem Team auf dem Podium stehst. Da stehen alle auf dem Podium, auch wenn es der einen nicht so gut geht wie der anderen. Aber das motiviert alle und alle bekommen den gleichen Respekt von uns.

Thomas Wickles, genannt „Tom“, hat vor zweieinhalb Jahren auch die Kehrseite des Sports erlebt. Am eigenen Leib. Bei einer MTB-Tour stürzte der inzwischen 37-Jährige und brach sich fünf Brustwirbel. Nur knapp entging er einer Querschnitts-Lähmung.

Ihre schwere Verletzung, die Sie sich ja beim Mountainbiken zugezogen haben, hat die Ihren emotionalen Zugang zum Mountainbike-Sport verändert?
Nein, sie hat meine generelle Lebenseinstellung verändert, aber nicht zum Thema MTB. Ich bin heute in der glücklichen Lage nahezu normal Radfahren und ein nahezu normales Leben führen zu können. Ich weiß Kleinigkeiten mehr zu schätzen. Dass ich zum Beispiel jetzt gerade in Südafrika sein und meinen Job machen kann, aber auch, dass ich laufen kann. Ich bin mir bewusst, dass ich großes Glück hatte, dass es nicht mit Querschnitt endete und bin dafür dankbar. Aber ich werde auch jeden Tag dran erinnert, dass es so ist. Ich lebe sicher bewusster.

Das Ghost Factory Racing Team hat sich über die nun neun Jahre des Bestehens langsam aber sicher nach oben gearbeitet. Dabei holte die Equipe aus dem bayrischen Waldsassen die Sportlerinnen nie als absolute Weltklassefahrerinnen an Bord. Ein paar Fahrerinnen haben sich aber dazu entwickelt. 2019 wurde der vorläufige Höhepunkt erreicht. Anne Terpstra gewann für sich und Ghost in Andorra zum ersten Mal Weltcup-Rennen. Später kletterte sie in der Weltrangliste auf die Nummer eins. Die 22-jährige Schweizerin Sina Frei wurde U23-Weltmeisterin und stand dreimal auf dem Elite-Weltcup-Podium. Die Equipe gewann zudem alle Team-Wertungen. Die Ungarin Barbara Benko ist die Dritte im Bunde, dazu kommt noch U23-Fahrerin Lisa Pasteiner aus Österreich und als Neuzugang 2020 die Dänin Caroline Bohé.

Es sind für Sie also alle gleich?
(Lacht). Eine ist halt ein bisschen gleicher, weil sie meine Verlobte ist. Das ist eine Situation, die ich nicht haben wollte. Aber mit Anne (Terpstra) ist es dann doch passiert. Ich habe mir das nicht so rausgesucht. Das ist jetzt eine meiner größten Herausforderungen, alle im Team gleich zu behandeln, Anne im schlimmsten Fall ein bisschen schlechter, damit keiner auf die Idee kommt, dass ich sie besser bevorzuge. Aber es ist halt so, dass sie mit mir in Waldsassen wohnt und mehr in die Entwicklung der Bikes involviert ist als die anderen. Ich hoffe, dass alle Vier das gleich sehen. Wir haben eine offene Gesprächskultur und jede hat ihre Vertrauenspersonen im Team.

Noch mal zurück zum Umstand, dass Ghost ein reines Frauen-Team ist, zumindest was die Sportlerinnen angeht. Ist das eine bewusste Entscheidung?
Bewusst war das nicht so gedacht. Es ist so entstanden, wir haben ergänzt und aufgefüllt und es hat sich herausgestellt: es ist ein klasse Alleinstellungsmerkmal, heute noch mehr als damals. Wir sind dabeigeblieben und es hat sich bewährt. Anfangs hat da auch das Finanzielle eine Rolle gespielt. Es ist leider heute noch so, dass Frauen einfach geringer bezahlt werden und das obwohl wahrscheinlich vier von fünf Frauen-Rennen spannender sind als das der Herren. Ich bin jedenfalls stolz darauf ein Teil davon sein zu dürfen.

2020 ist das olympische Jahr und am Ende wird häufig ein Schnitt gemacht. Wissen Sie schon ob und wie es für das Team weiter geht?
Ich kann dieses Interview als Plattform nutzen, um mit Freude zu verkünden, dass wir bereits eine Zusage bis 2024 haben.  

Man sieht das Team als Erfolgsgeschichte?
Wir gehören zu einem Konzern, (der niederländischen Accell-Group) und am Ende ist es eine Business-Entscheidung. Die letzte Saison hat natürlich Aufwind gegeben und uns in eine bessere Situation gebracht. Alle sind ein bisschen euphorisch.

Im Unterschied zu den Weltcup-Events, bei denen die meisten Biker für ihr Team an den Start gehen, ist eine WM eine Angelegenheit für Nationalmannschaften. Die Nationaltrainer haben den Hut auf und die Organisation liegt bei den Verbänden. Doch nicht selten arbeiten Nationalmannschaften bei der WM mit den Profi-Teams ihrer Athleten zusammen, um bestmögliche Unterstützung zu gewährleisten. Schließlich haben sie in der Regel dasselbe Interesse.

Welche Bedeutung hat für das Team eine WM, bei der eine Sportlerin ja im Nationaltrikot fährt?
Wenn man mal Olympia außen vor lässt, dann ist eine WM für die Fahrer das wichtigste Rennen im ganzen Jahr. Für ein Team ist es im Verhältnis weniger wichtig, weil die Fahrerinnen ja nicht in deinem Trikot fahren. Wir sind mit dem gleichen Betreuerstab und Material da, bieten das gleiche Setup mit dem Team-Zelt, von der Kaffeemaschine über Physiotherapeut und Mechaniker. Aber es sind erst mal keine Athleten da. Manche nutzen das mehr oder weniger, auch weil manche Nationalmannschaften besser organisiert sind als andere.

Spielt es in Albstadt eine Rolle, dass Sie für eine deutsche Marke fahren?
In Albstadt geht für uns in eine andere Richtung. Es ist für uns eine Heim-WM. Deutschland ist der wichtigste Markt und wir versuchen die WM als Werbe-Plattform zu nutzen. Bei einer WM haben wir weniger Zugriff auf unsere Sportlerinnen, aber für Deutschland ist es cool eine WM zu haben. Aber speziell, wenn man um Medaillen mitfahren kann, dann ist eine WM auch extrem wertvoll.  Der durchschnittliche Besucher wird den Unterschied vielleicht gar nicht wahrnehmen, aber das ist nicht schlimm. Weltmeisterschaft, das ist immer ein Schlagwort, mit dem jeder was anfangen kann. Es ist eines der größten sportlichen Events und wird sicher eine geile Veranstaltung.

Ist es für Sie als deutsches Team generell wichtig, dass es einen deutschen Weltcup, bzw. eine WM in Deutschland gibt?
Auf jeden Fall. Als es nach dem Ende des Offenburg-Weltcups 2012 keinen deutschen Weltcup gab, das war schon ziemlich schlecht. Dass es seit 2013 den Weltcup in Deutschland gibt, ist für den Sport sehr, sehr wichtig und hat ihn weitergebracht. In meinem Bekanntenkreis spüre ich das auch. Albstadt und Weltcup, das kennt am Ende jeder und viele waren auch schon dort.

Was muss 2020 passieren, damit Sie zufrieden sind?
Erstens, dass alle Athletinnen aus dem Team zurückblicken und mit ihrer Saison happy sind. Ich weiß zu schätzen, was wir 2019 erreicht haben. Aber es hat so lange gedauert, dass es vermessen wäre zu sagen, wir werden das Gleiche wieder erreichen. Natürlich wäre das ein Traumszenario, aber, wenn man sieht, dass sich Marika Tovo (Italienerin, die das Team nach einem Jahr wieder verlassen hat) gleich zweimal was bricht, dann ist klar wie dünn das Eis ist. Man kommt als Team kaum ohne Verletzung durch die Saison. Wenn wir gute Arbeit abliefern, dann wird es bestimmt auch ein gutes Jahr.

Und zweitens?
Würde ich mir für die WM gutes Wetter wünschen.

Auf was freuen Sie sich denn bei der WM in Albstadt am meisten?
Am meisten auf die Zuschauer. Bei einer WM kommen die schon Tage vorher, es sind Menschen, die Begeisterung für den Sport mitbringen. Am Schluss werden sie die Veranstaltung speziell machen. Wenn die Hütte voll ist, wird es richtig klasse und die Athleten werden eine Gänsehaut haben.

Thomas Wickles
Alter: 37  
Wohnort: Waldsassen
Funktion: Team-Manager Ghost Factory Racing

Erfolge in dieser Funktion:
Weltcupsieg durch Anne Terpstra 2019, Team-Weltcup-Gesamtsieger 2019, Sechs Eliminator-Weltcupsiege durch Alexandra Engen (5) und Anne Terpstra (1), U23-Weltmeistertitel für Sina Frei 2019

Weitere Informationen unter www.world-cup-albstadt.de und www.wm2020albstadt.de
  

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